So lernte ich den Blues kennen.

Wir waren damals junge Kerle, hatten etwas mehr als drei Griffe drauf, hörten den ganzen Tag Radio Luxemburg (der Sprecher war Frank Elstner!) denn bei uns gabs ja nur zu hören „Die Fischerin vom Bodensee“ „Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt“ und damals ganz wild Vico Torriani als Rocker: „Siebenmal in der Woche will ich ausgehn“. Da liefen bei Radio Luxemburg schon andere Sachen: Jerry Lee Lewis – den kannte zwar keiner aber da gings ab. Na und der damals schon unsägliche Peter Kraus sollte der deutsche Elvis sein. Elvis kam dann selber rüber und sang „Muss i denn zum Städtele hinaus“.

Aber wir wussten, dass es da noch was gab. Es gab den Jazz, und es gab Bill Haley auf Schellackplatte. Wir kannten auch ein paar Amis, einer davon war schwarz! Die gingen Sonntags aus, in den Kneipen stand „off limits“, und sie hatten Kohle ohne Ende. Der Dollarkurs war glaube ich 1:5 oder so. Der Schwarze, Onkel Tom sagten alle zu ihm, er war groß und gutmütig, es war schon gemein. Er hatte wohl Platten aus USA dabei. Verstanden hatten wir ihn ja nicht, selbst unser englisch-Primus, unser Sologitarrist mit Jazz-Ausbildung, war von seinem Südstaatenslang überfordert. Aber Onkel Tom drehte mit dem rechten Zeigefinger auf der anderen Hand und rief immer wenn die Musikbox Scheisse spielte: „Hätschäwie Elmor Tschäms!“

Irgendwann brachte er dann eine Platte mit. Das Cover zeigte einen hochgewachsenen Schwarzen mit Gitarre. „Elmore James, Dust my broom“ stand drauf. Es war so eine mittelgroße Platte, das Format war uns unbekannt. Er wollte sie uns mitgeben – „…for wann wiik!“. Bevor es dazu kam, kam die MP (Military Police). Ich weiss nicht mehr ob die Platte zu Bruch ging oder was damit geschah. Onkel Tom haben wir nie mehr gesehen. Weil wir Sonntags nie mehr in den Mannheimer Jungbusch durften. Die Polente kam zu meinen Eltern nach Hause. Später hatte dann meine schlaue Frau die Erklärung für Toms Spruch: „Hätschäwie“ sollte wohl „Hey German“ oder so heissen. Und Elmore James hatte ich erst Jahre später (vielleicht Mitte der 60er?) hören können – es gab einfach nix bei uns! Aber ich war schon vorher sein Fan, klar!

Ich grüße Okel Tom und kriege Gänsehaut, wenn ich Elmore James höre, ist so.

Heinz Hempel, Mannheim-Sandhofen

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