Eric Clapton

Legends of Blues Rock

Warum wir keine Götter brauchen aber trotzdem welche haben oder warum Straßenmusik göttlich sein kann

Es war wieder einmal einer dieser Momente. Frankfurt, auf der Zeil, Spätsommer und schöne Sonne auf dem Rücken wenn man von der Hauptwache Richtung Konstabler unterwegs ist. In USA stand Obama zum ersten Mal zur Wahl und eine Hoffnungsstimmung und ein Gefühl, dass sich in der Welt vielleicht doch noch was zum Besseren verändern könnte, erfasste uns alle.

Der Straßenmusiker spielte elektrisch, über einen kleinen VOX-Amp mit Batterien. Scheiss Batterien dachte ich noch, wohin mit all dem Müll, hoffentlich gibt er die ab wenn sie alle sind. Und hoffentlich werden die dann auch richtig entsorgt. Und hoffentlich wird in USA… Da traf dieser Sound, nein diese Musik, ja, richtig altmodisch – diese Musik meine Seele. Der Typ spielte den Blues, irgendeine zwölftaktige, ziemlich schnelle Variante. Ich setze mich neben ihn an den Brunnen an dem die Punks sich in Frankfurt treffen.

Blues Rock - Eric Clapton 1

… da gab es mal eine Bürgeraktion …

Irgendwie hingen alle ab, es war eine irre schön entspannte Stimmung. Selbst die unvermeidlichen Hunde der Punkies waren bestens drauf und dösten vor sich hin. Ich vergaß fast alles was ich noch erledigen wollte und hörte zu. Sah auf seine Finger, die diese faszinierende Musik wahrscheinlich aus dem Himmel über die Saiten auf die Erde holten. Mann, wie kann man nur so spielen dachte ich. Und wie geht so was, dass so eine Musik so geil ist dass das einfach alles ist was man braucht. Und dann dachte ich wieder dasselbe wie so oft: Wenn jetzt Eric hier säße – das könnte er nicht besser. Nein, das könnte er überhaupt nicht. Er könnte nicht hier sitzen, bei dieser Sonne auf der Zeil am Punkerbrunnen und neben mir so spielen. Weil er ja ganz anders Musik macht. Musik vor Tausenden, Musik, die viel Geld kostet, weil man dafür bezahlen muss. Viel bezahlen. Und weil Eric gerade in die Kunstgalerie gehen muss, sich einen sechs Quadratmeter großen Gerhard Richter kaufen muss, weil der ja einen unglaublichen Wertzuwachs hat.

Blues Rock - Eric Clapton 2

… die berühmtesten Frankfurter Straßenmusiker Ernst und Karl, „de Kall“, noch vor dem 1. Weltkrieg. Wahrscheinlich spielten sie keinen Blues, aber die Harp war schon dabei 🙂

Ich warf, nein, legte meinem Nachmittagsgitarrengott 2 Euro in den Gitarrenkasten. Ein freundlicher Blick und ein strahlendes Lächeln blitze auf, bei dem es aussah, als ob rechts oben (oder wars links?) ein Zahn fehlte. „Sehr gut“ sagte ich. Ich schenkte ihm meine Tüte mit Käse überbackene Brötchen vom Karstadt-Bäcker nebenan. Mir fiel nichts Besseres ein.

„Clapton is God“. Dieser Ausruf eines Fans während eines Clapton-Konzerts mit Cream ist fast schon legendär. Aber entweder gibt es viele Götter oder überhaupt keinen. Vielleicht reicht es ja auch, wenn man einfach nur Musik macht. Mit Seele und gut. Und dann bist du im Olymp und alle sind Götter. Und nicht nur Jimi Hendrix, Gary Moore, Elmore James, Eric Clapton, Stevie Ray Vaughan und Joe Bonamassa sind Götter.

Denn eigentlich braucht man ja keine, es geht auch ohne sie.

Bluesrock - Eric Clapton 3

Hmmm. Na ja eigentlich braucht man sie doch. Denn keiner von uns würde je eine Gitarre, ein Sax oder was auch immer in die Hand genommen haben, hätte er nicht im Radio, bei MTV oder bei Freunden irgendwann einmal die Musik gehört, diesen Sound, der dich gefangen nimmt. Dann hätte dich nie der Schlag getroffen haben und du wüsstest bis heute nicht, was dir wirklich fehlt. Und eigentlich will oder wollte ja jeder von uns einmal so werden wie der, den er gut fand. So wie Eric selbst in einem Interview sagte, sinngemäß: „…als ich Jerry Lee Lewis im Radio hörte, wusste ich urplötzlich, dass es da was Ausserirdisches gab, was ich nicht kannte und was die Zukunft war und was ich machen wollte…“

Ich kam nach Hause und legte John Mayall and The Bluesbrakers auf. Eric Clapton spielte die Gitarre. „The Sun Is Shinin’ Down And the Bear Is Rolling In The Shade“. Ja, genauso fühlte ich mich heute am Brunnen.

Blues Rock - Eric Clapton 4

Legendäres Plattencover – Eric mit „Beano“, einem englischen Kultcomic. Mein Freund Howard Taylor aus Liverpool kam nach Deutschland mit 2 kleinen Köfferchen. In einem waren nur „Beano“ Comics… und EINE Platte. Siehe oben.

Und ohne Eric Clapton, der als Blueser gestartet war, den wir mit seinen Bluesbrakern, mit den Yardbirds rauf und runter gehört hatten, hätte ich nie angefangen, Musik zu machen. Ich lasse jetzt mal seine wirklich populären Sachen aus. „Lay Down Sally“, das überlebensgroße „Layla“, als er sich Derek nannte und mit den Dominos unterwegs war. Ich vergesse kurzfristig Sachen wie „Wonderful Tonight“ oder das nachgespielte „Cocaine“ von J.J. Cale und komme wieder zum Blues: „Riding With The King“.

Blues Rock - Eric Clapton 5

Titel der CD mit BB King „Riding With The King“

Eine Hammersache mit BB King. Mit dem ihn eine jahrzehntelange Freundschaft verbindet, was damit anfing, als er ihn auf einem Konzert im Times Sqare Garden imitierte. Eric spielte im Stil von BB, weil er wusste, dass er das hören würde, eine kleine Provokation. Und BB raffte nicht, was vorging. BB kannte keinen Clapton bis dahin und nach der Show suchte er ihn auf, haute ihm ein volles Pfund auf die Schultern und meinte brummig, aber freundlich: „Whats your name, man? Hope I’ll see you again someday“. Was die beiden dann auch reichlich taten. Sie sahen sich und machten Musik. Und eben diese CD.

Göttlich halt. Beide.

Blues Rock - Eric Clapton 6

Eric als Yardbird, noch mit Gibson ES 335, später nur noch mit Fender Stratocaster,
der Stradivari der Gitarren 🙂

Es war Eric Claptons „offizielle“ Rückkehr zum Blues. Dazu muss man wissen, dass er ja eine bluesabschreckende Erfahrung machte, bevor er Cream, mit Ginger Baker (d) und Jack Bruce (b,v) gründete. Sonny Boy Williamson kam über den Teich, er tourte mit dem American Folk Blues Festival in Europa. Sonny ließ es sich nicht nehmen, mit dem schon sehr bekannten Gitarrenhero Eric Clapton zu spielen. Und für Clapton war es die Erfahrung, nicht „echt“ zu sein. Zwar spielen zu können wie ein Blueser, aber eben in England aufgewachsen zu sein, in dem man pappigen Haferbrei anstelle gerösteter Maisflocken zum Frühstück zu sich nimmt. BB King hat ihn dann mit seiner Anerkennung „gerettet“.

Übrigens dachte ich jahrelang, dass sein Spitzname „Slowhand“ daher kommt, weil seine Spielbewegungen so cool, so slow sind. Verlässliche Quellen meinen aber, dass er nach dem Reissen einer Saite während eines Songs ganz „slow“ und gelassen die neue Saite aufzog und die anderen unbekümmert weiterspielen ließ. Seit dem nannte man ihn eben so. Die Bezeichnung „Rosstäuscher“ kam aber eher von Kollegen, die einfach seine Spielweise neideten, die mehr Töne hervorzauberte und ins Ohr transportierte als man mit dem bloßen Auge beim Spielen erfassen konnte.

Blues Rock - Eric Clapton 7

…na ja…man kann ja mal die Weckstaben verbuchseln…

Als ich vor kurzem bei einer Jam Session in der Nähe Frankfurts war, kam mir wieder die Geschichte von der Zeil in den Sinn. Ja, der Typ da an der Telecaster könnte es sein – passt irgendwie. Ich habe ihn gefragt, ob er mal Straßenmusik gemacht hat. Er lächelte und es sah aus als ob oben links oder rechts ein Zahn fehlte.

„Nee – noch nie!“ war die Antwort.
Noch ein Gitarrengott, oder?

 

 

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