Furry Lewis

Presenting the Country Blues

Die erste Verwirrung schon am Anfang. Furry wird in einschlägigen Compendien auch schon mal als Memphis-Blues oder Delta-Blues Spieler genannt. Wobei das alles richtig ist, lebte er doch seit seinem 6. Lebensjahr in Memphis. Aber wenn man einen Stil bestimmen will, dann ist Furry als Vertreter der Country-Blues-Ecke genau richtig. Ich bin ja sowieso der Auffassung, dass die ganze Abgrenzerei ziemlich schwierig, sogar unwichtig ist, dass der Blues selbst, die Musik und das Feeling viel wichtiger ist. Manfred Borchert, der viel zu früh verstorbene deutsche Dichter meinte vielleicht Ähnliches, wenn er sagte „…wir brauchen keine Schriftsteller, die sich an die Rechtschreibung halten, wir brauchen Schriftsteller, die die Wahrheit schreiben.“ So was gilt auch für den Blues, if you know what I mean.

Furry Lewis und der Country Blues

Furry Lewis war sich bis ins hohe Alter nicht zu schade, auf der Straße zu spielen. Immerhin war er ja bis zu seinem Lebensende ehrenhaft als Straßenreiniger in seiner Heimatstadt Memphis angestellt.

Furry Lewis verlor ca. 1916 mit gerade 23 Jahren ein Bein beim Entern eines Zuges. Da war er noch als Hobo unterwegs. Als ihn seine Stadt später als Straßenreiniger einstellte, konnte er sich ein schönes Holzbein zulegen, dass er mit stolz trug. Unerklärlich ist aber, wieso man ihn einstellte, war er mit seinem Handy-cap oder besser Leg-cap ja nicht gerade prädestiniert dafür. Man sagt aber auch, dass ihn seine Stadt „mildtätig“ durchfütterte, hatte er doch ein Auge auf alles, was sich in den Straßen tat.

Furry war ein Landei, kam aus Greenwood, Mississippi. Er war geprägt von seiner Frömmigkeit, er war Katholik und bediente sich nicht – oder äusserst selten – dem zweideutigen „Double-Talk“, der sexuelle Anspielungen zum Thema hatte. Als er in Memphis bei den damals sehr beliebten „Doctor-Shows“ und „Tent-Shows“ auf der Beale Street vorspielte, wurde er anfangs mit seinem Countrydoodle ziemlich belächelt. Doch bald schon war er ein begehrter Spieler und Sänger, mischte gefühlvolle Balladen mit seinem typisch zurückhaltenden Country-Blues. Trotz fehlendem Bein war er sehr beweglich und tingelte von Show zu Show. Nach einigen Studio-Aufnahmen Ende der zwanziger Jahre – mit relativ großem Erfolg in Memphis – verschwand er in der Versenkung und wurde vergessen. Bis in den 60ern Mike Vernon… aber davon später.

Er spielte und tingelte weiter und war überall als großer Scherzkeks berühmt und berüchtigt, da er keine Gelegenheit ausließ, zwischen seinen Songs die Leute zu veräppeln. Eines seiner Gaunerstückchen war es, eine Viertel-Dollarmünze verschwinden zu lassen. Der Deal war, die Münze einfach behalten zu dürfen, wenn das Gegenüber nicht herausfand, wo er geschickt das Teil verschwinden ließ. Es glitt von seinem Hemdkragen hinunter zum Hosenbund, wo es niemand mehr entdeckte.

Er muss ziemliche Scheisse erlebt haben, in frühen Jahren versuchte eine seiner Girls ihn zu vergiften „…my last Girl put carbolic acid in his coffe, turpentine in my tea and strychnine in my bisquits“ (aus „Big Chief Blues). Aber er überlebte mit ziemlich starken gesundheitlichen Folgen (immerhin bis 1981- geb. 1893). Er heiratete eine Indian Sqaw, deren Vater zu Ehre er diesen Song „Big Chief Blues“ aufnahm. Zu hören in neuerer Version auf der raren LP „Presenting the Country Blues“ produziert von Mike Vernon 1969. Eine dieser Platten, die Anfang der Siebziger wie sauer Bier von den Plattenfirmen verhökert wurden, als der Blues gerade mal wieder out war. Rare Arhoolie-Recordings konnte man damals für 1 Mark auf den Wühltischen finden, auch tolle Alben mit Son House, Jimmy Reed, Bukka White und viele andere.

Mike Vernon - Country Blues

Mike Vernon galt als Retter vieler vergessener Blueslegenden.

Mike Vernon, ausgerechnet ein Brite, hatte in den 60ern großen Anteil an der Renaissance des Blues, produzierte ein stattliche Anzahl von Bluesern, holte längst vergessene Blueser wie Furry Lewis wieder an die Öffentlichkei und verhalf ihm so wieder zu einem würdevollen Leben, auch finanziell.

Mike Vernon galt als Retter vieler vergessener Blueslegenden. Klar, er spielte selbst auch gerne den Blues. Er war gerade mal 21 Jahre alt, als er das legendäre Label „Blue Horizon“ gründete, das er dann erfolgreich an den Weltkonzern CBS verscherbelte.

Unter anderem war Mike Vernon bei den frühen Recordings von Fleetwood Mac mit Peter Green und Christine Perfect (später Christine Mc Vie) die treibende Kraft und überredete John Mayall (and the Bluesbrakers) dazu, mit Eric Clapton eine Platte aufzunehmen. Später war er u.a. als Produzent der Climax Blues Band tätig und verhalf Robben Ford (!) zu seinem Erfolg.

Furry Lewis und Bukka White

Furry und Bukka White (Memphis Hot Shots) ca. 1967 Auch Bukka White hat Mike Vernon viel zu verdanken.

Typisches Beispiel für seinen Country-Blues: „Big Chief Blues“, 1927 seinem indianischen Schwiegervater gewidmet:

http://www.youtube.com/watch?v=Zi4EH04Crc8

 

 

 

 

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