Im Mississippi-Delta fing alles an – oder?
Der Blues ist Schwarz, zumindest seine Wurzeln. Die Sklaven hatten ihr Rhytmusgefühl aus Afrika mitgebracht und verloren es nie. Die Qual und Schmerzen, durch die sie mussten – aber auch die ungebrochene Lebensfreude, die unendliche Sehnsucht waren die Ursachen , die auch heute noch in jedem Blues mitschwingen. Und die den Blueser in uns ausmachen.
Der Blues stammt eindeutig aus dem Mississippi-Delta, nicht ganz am Delta, eher etwas davor, wo es Plantagen und Farmarbeit in Hülle und Fülle gab und sich die Weissen der Schwarzen bedienten, um die Plackerei geregelt zu bekommen.
Das dies oft zu unmenschlichen Bedingungen führte, ist unbestritten. Am dem Tag, als der erste Farmarbeiter, vermutlich noch ein Sklave, sich auf dem Feld aufrichtete und in den Himmel rief „…oh Lord Have Mercy To Get Me Outa This Mess“ – da war der Urschrei des Blues zu hören.
Der Blues kommt also eindeutig aus dem Missisippi-Delta. Einfach weil im Süden sich alles zusammenfand.
Der Blues war am Anfang eigentlich nur „Call and Response“, vielleicht am Besten übersetzt mit „Frage und Antwort“. Er war am Anfang nicht zwingend 12-taktig, er konnte auf 24 Takte gedehnt werden, er brauchte keine Akkordwechsel, er wurde nach den Worten geformt, die dem Sänger einfielen.
Später, als der Blues 12taktig wurde (siehe unseren Menüpukt: Formen des Blues), klauten die Weissen ihn und nutzten seine Abläufe um Rockabilly und Rock’n’roll zu machen. Auch der zuerst schwarze Boogie-Woogie aus den 20ern folgte nicht immer eindeutig den Regeln. Und selbst Chuck Berry, der schwarze Rock’n’Roller, hat das Bluesschema noch nach belieben gedehnt. Bei „oh Carol“ aus dem Jahre 58 nutzt er die Verse um „Call and Reponse“ mit seinem Gesang als Call und dem typischen Chuck-Berry-Riff als Response und macht nach dem 12taktigen Intro einfach einen 24-takter daraus.
Der Delta Blues war rau und unwirsch, war Anklage und Selbstschmerz zugleich.
Dass der Blues auch weiss werden konnte ist vielleicht auch – mit ganz leichtem Augenzwinkern – dadurch zu erklären, dass ja auch der europäische Auswanderer vor dem Verlassen seiner Heimat auf dem Felde sang: „ …oh Gott, erbarme dich unser und errette mich!“. Die bis heute in der Heimat gebliebenen singen das ja immer noch. Gerettet wurde bis heute eh noch keiner, sei er schwarz oder weiss 😉
Aber im Ernst – der Delta-Blues kam aus dem Schmelztiegel der hart arbeitenden Afro-Amerikaner, der Mescaleros, der europäischen Einwanderer und der Indianer. Er hatte im Verlauf der Zeit eine ganze Familie um sich herum geschart, wobei sein Bruder, der Country-Blues unprätentiöser als der derb-archaische Delta-Blues daherkam. Weitere Geschwister wohnten in der Umgebung, von New Orleans bis Texas. Die Interpreten verdienten sich als „Songster“, also als Unterhalter, nicht nur mit Blues, auch mit anderem Tralala ihren Lebensunterhalt. Und dann, spätestens nach der großen Weltwirtschaftskrise, begann der Zug in die Stadt, die Landflucht.
Sie endete hauptsächlich in der aufstrebenden Industriestadt Chicago, die sich mit Schwarzen in kürzester Zeit füllte. Lebten vor 1900 gerade ein paar hundert von Ihnen dort, waren es schon bald nach der Rezession hunderttausende. Das ging bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts, wobei die Millionengrenze bald erreicht wurde.
Wir wollen über die vielleicht wichtigsten Protagonisten des Delta Blues berichten, ohne die Vollständigkeit garantieren zu können oder zu wollen. Die Einzelnen Heroes möchten wir in lockerer Folge vorstellen und Geschichten dazu erzählen. Denn der Umstand, sie überhaupt zu kennen, verdanken wir u.a. der hervorragenden Arbeit der „Library of Congress“ die in den 20er des vorigen Jahrhunderts den Delta-Blues und seine Vertreter auf Rille presste. Und es werden noch hunderte mehr gewesen sein, die zu Hause, an der Straße oder im Knast den Blues spielten und sangen. Lord Have Mercy.
Delta Blues:
John Lee Hooker
Country-Blues:
Furry Lewis
(wird fortgesetzt)